“Bis Der Wille Bricht” – Das Ist Die Härteste Militärausbildung Der Ukraine

Um bei den ukrainischen Spezialkräften zu kämpfen, quälte sich eine Frau monatelang unter härtesten Bedingungen durch den Q-Kurs. Die Prüfung ist gefürchtet.

“De oppresso liber”, Freiheit den Unterdrückten. So lautet das Motto des legendären 1. Luftlande-Spezialkräfte-Kommandos, jener amerikanischen Spezialeinheit, die besser bekannt ist unter ihrem Spitznamen: Green Berets. Bei ihnen handelt es sich um einige der härtesten Soldaten der US Armee, zuständig unter anderem für asymmetrische Kriegsführung und Fernaufklärung.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1952 haben die Green Berets aber noch einen besonderen Auftrag: Sie bilden Soldaten in mit den USA verbündeten Ländern aus, zeigen ihnen, wie man einen Feind effektiv bekämpft. Spätestens 2014, als der russische Diktator Wladimir Putin erstmals Truppen in die Ukraine entsandte und dort die Krim besetzte, begannen die US-Spezialkräfte damit, ukrainische Soldaten nach amerikanischen Vorbild zu schulen.

Im Rahmen sogenannter Q-Courses der Nato, also komprimierter Speziallehrgänge zur Ausbildung von Elitekämpfern, wurden die Anwärter darauf vorbereitet, einen Aggressor wie Russland im Feld zurückzuschlagen. Diese Zusammenarbeit dauert bist heute an.

Nun hat in der ukrainischen Armee erstmals eine Frau diesen Lehrgang bestanden, der im Trainingszentrum der Eliteeinheit im westukrainischen Chmelnyzkyj stattfand. Ihre Identität bleibt, wie bei Spezialeinsatzkräften üblich, geheim. Lediglich Fotos von ihr kursieren in sozialen Netzwerken. Darauf ist die Frau beim Training zu sehen, ebenfalls anonymisiert, und bei der Verleihung ihres Abzeichens. Dazu ihre Erkennungsnummer: 68.

Von proukrainischen Kommentatoren bekam die Soldatin viel Zuspruch, sie feiern die Frau für ihre Leistung und ihren Einsatz für das Land. Diese ist umso bewundernswerter, als nur zehn Prozent der Anwärter am Ende des Kurses auch wirklich für die UASOF, die ukrainischen Spezialkräfte, ausgewählt werden.

“Es bestehen nur die Besten der Besten”

In der Regel bestehen nur wenige Anwärter die entbehrungsreiche Ausbildung. Viele scheitern an den rigiden Ausbildungsvorgaben oder geben unter den körperlichen und mentalen Qualen der Prüfungen auf. Und die Schindereien sollen enorm sein.

Schon die Aufnahmeprüfung zu den Q-Kursen hat es in sich. Unter anderem gilt es, einen 29 Kilometer langen Marsch mit 23 Kilogramm Gepäck in weniger als viereinhalb Stunden zu bewältigen oder 50 Kniebeugen mit einem 23 Kilogramm-Rucksack zu absolvieren, längere Schwimmdistanzen mit voller Ausrüstung oder einen Fünf-Kilometer-Lauf mit einem Durchschnittstempo von nicht mehr als drei Minuten und 45 Sekunden zu schaffen.

Je nach Ausbildungsschwerpunkt dauern die eigentlichen Q-Kurse zwischen 56 und 95 Wochen. In ihnen müssen die Bewerber die ganze Zeit unter spartanischen Bedingungen in Zelten leben und lernen die Anwärter militärtaktische Fertigkeiten, etwa im Bereich des Nahkampfes oder der Angriffsführung im Rahmen kleiner Einheiten, aber auch den Umgang mit Handfeuerwaffen, Granatwerfern oder das Scharfschützenhandwerk. Sie lernen Infiltration, erhalten Überlebenstraining und bekommen beigebracht, wie sie sich in Kriegsgefangenschaft und womöglich auch unter Folter zu verhalten haben.

“Ich hatte alles unter Kontrolle”, sagt Ryan Hendrickson ein US-Army-Veteran in seinem Buch “Tip of the Sear”, der die Prüfung in den USA absolvierte, “bis zu dem Punkt, an dem du so müde, so durchgefroren, so erschöpft davon bist, die ganze Zeit nur zu Rennen und durch den Matsch zu robben, dass du einfach die Kontrolle verlierst und dein Wille bricht”. Hendrickson entschied sich, kurz vor dem Ende der Ausbildung, in der letzten Phase der Ausbildung, der sogenannten “Höllenwoche”, aufzugeben.

“Der Q-Kurs setzt die Teams und die einzelnen Soldaten unter enormen physischen und psychischen Druck”, sagt ein pensionierter Ausbilder der Green Berets dem US-Magazin “Business Insider”. “Abgesehen von dem Weltklassetraining, das sie dabei erhalten, trennt der Kurs die Spreu vom Weizen. Es bestehen nur die Besten der Besten.”

Der US-Luftwaffengeneral Steven Edwards sieht laut dem Magazin sogar einen Grund für den erfolgreichen Widerstand der ukrainischen Truppen gegen Putins Armee auch in der jahrelangen Ausbildungskooperation der Nato-Truppen mit der ukrainischen Armee begründet. Das sei der Beweis für die “herausragende Qualität des Spezialtrainings”, das die US-Streitkräfte im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Nato und Kiew den ukrainischen Soldaten im Laufe der Jahre gegeben haben, so Edwards.

Immer mehr Frauen stellen sich in den Dienst der Armee

Frauen leisten seit Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges einen wichtigen Beitrag zum Widerstand gegen Russland. Nach offiziellen Angaben dienten im Mai 2023 insgesamt 42.000 Soldatinnen in den ukrainischen Streitkräften. 5.000 davon gehörten Kampfeinheiten an, viele davon befanden sich im Fronteinsatz. Seit Beginn des Krieges haben sich laut ukrainischem Verteidigungsministerium 12.000 Frauen freiwillig zum Dienst bei der Armee gemeldet.

Mit der ersten Frau, die nun die Q-Ausbildung bestanden hat, wird sich diese Zahl in Zukunft wohl noch erhöhen. “Sie übernehmen jeden Tag wichtige Aufgaben. Sie sorgen dafür, dass es gleiche Rechte und gleiche Chancen für Frauen und Männer in der Armee gibt”, sagte Verteidigungsministerin Hanna Maliar in einem offiziellen Statement auf einer Regierungsseite. Allerdings steht es um die Ausrüstung der Soldatinnen in der ukrainischen Armee nicht immer zum Besten, wie nun ans Licht kommt.

Mehr als 100 Frauen seien bislang im Fronteinsatz verletzt oder getötet worden, so Maliar. Eine davon ist Natalia Depa. Die junge Frau führte vor dem Krieg einen eigenen Kosmetiksalon im westukrainischen Lemberg. Als Putin das Land angriff, meldete sie sich gemeinsam mit ihrem Vater und ihrem Bruder zum Wehrdienst und diente seitdem als Kampfsanitäterin in der 125. Brigade der ukrainischen Streitkräfte. Sie starb vor wenigen Tagen bei einem Rettungseinsatz an der Front.

Quelle : T-online

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