Der Sozialstaat werde auch in schwierigen Zeiten nicht zurückgefahren – das hat Kanzler Scholz in einer Rede auf dem Bundeskongress der Gewerkschaft ver.di bekräftigt. Außerdem betonte er die Bedeutung von Tarifverträgen und Tarifbindung.
Bundeskanzler Olaf Scholz sieht auch in der aktuellen Lage keinen Grund für Einsparungen im Sozialbereich. Es sei “ein gutes Zeichen, dass wir in diesen Zeiten die sozialstaatlichen Sicherungen in Deutschland verbessert haben”, sagte er bei der Eröffnung des Bundeskongresses der Gewerkschaft ver.di in Berlin.
Er stelle sich all jenen entgegen, die sagten, weil die Zeiten schwierig seien, müsse der Sozialstaat zurückgefahren werden. “Das Gegenteil ist richtig”, betonte der Kanzler. Er werde auch alles dafür tun, dass in Deutschland ein stabiles Rentenniveau garantiert werden könne – auch über das Jahr 2025 hinaus.
Außerdem sprach Scholz sich für eine Stärkung der Tarifbindung in Deutschland aus. Seine Koalition werde das vereinbarte Tariftreuegesetz verabschieden. Es solle verhindern, dass staatliche Aufträge an Unternehmen vergeben werden, die mit Lohndumping arbeiten. “Wir brauchen gute Löhne”, sagte der SPD-Politiker. “Wir brauchen mehr Tarifverträge und nicht weniger.”
Deutliche Kritik übte der Kanzler an der Entscheidung der Mindestlohnkommission, den Mindestlohn von aktuell 12,00 Euro im nächsten Jahr auf 12,41 Euro und im Jahr 2025 auf 12,82 Euro zu erhöhen. Diese Empfehlung war nicht einstimmig erfolgt, sondern gegen die Stimmen der Gewerkschaftsvertreter in der Kommission gefallen, die sich eine stärkere Erhöhung gewünscht hätten. “Die Sozialpartnerschaft in diesem Lande hätte es geboten, eine einvernehmliche Entscheidung zu fällen”, sagte Scholz dazu.
Während der Rede von Scholz wurden im Saal etliche Transparente hochgehalten. Neben Protest gegen den geplanten Einstieg eines Schweizer Unternehmens beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA beschäftigten sich die Banner auch mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Sie trugen Aufschriften wie “Verhandeln statt Schießen” und “Für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen”.
Scholz ging darauf ein und sagte: “Es ist eine zynische Aussage, jemandem, auf dessen Territorium die Panzer eines anderen Landes rollen, zu sagen, er solle verhandeln statt sich zu verteidigen.” Grundlage für Verhandlungen sei, dass der russische Präsident Wladimir Putin einsehe, seine Truppen zurückziehen zu müssen.
Werneke fordert höhere Steuern für Reiche
Ver.di-Chef Frank Werneke forderte zum Auftakt des Kongresses höhere Steuern für Vermögende. In Deutschland sei die Schere zwischen arbeitenden Menschen in Armut und Privilegien für Erbschaften und großen Vermögen viel zu weit geöffnet. Die Steuern “für Reiche und Krisengewinner” müssten angehoben werden, sagte er. “Wir brauchen eine Politik, die soziale Ungleichheit beseitigt.”
Auf dem sechstägigen Bundeskongress soll am Montag ein neuer Vorstand gewählt werden. Werneke strebt eine Wiederwahl an. Ab Dienstag sollen dann die Diskussionen zu den zahlreichen Anträgen starten.
Quelle : tagesschau