Die EU will den Europäischen Green Deal vorantreiben und plant eine Verordnung zur Wiederherstellung der Natur. Diese soll am 12. Juli beschlossen werden. Die Europäische Volkspartei kritisiert das Vorhaben und will die Umsetzung blockieren. Wissenschaftler:innen weisen die “Argumente” dagegen scharf zurück.
Im EU-Parlament kam es am Mittwoch zum Showdown. Das Renaturierungsgesetz stand zur Abstimmung. Die Europäische Volkspartei wollte die Umsetzung blockieren. Wissenschaftler:innen wiesen allerdings alle “Argumente” der größten Partei auf europäischer Ebene scharf zurück. Und setzten sich durch. Das Parlament stimmte knapp für das Renaturierungsgesetz. Mit 336 zu 300 Stimmen. Rechte, Konservative (darunter ÖVP und FPÖ) und eine große Zahl an Liberalen (darunter nicht die NEOS) stimmten fast geschlossen gegen das wichtige Uweltschutz-Vorhaben. 15 Konservative zusammen mit Grünen, Sozialdemokraten, Linken und einer Mehrzahl der Liberalen haben pracktisch den Unterschied gemacht.
Die EU will klimaneutral werden. Das hat der 2020 einstimmig beschlossene “Green Deal” zum Ziel. Dafür müssen Emissionen massiv gesenkt werden. Bis 2050 sollen gar keine Netto-Treibhausgase mehr ausgestoßen werden. Für die Umsetzung des Maßnahmenpakets gibt es einen konkreten Fahrplan. Das Renaturierungsgesetz (“Nature Restoration Law”) zur Wiederherstellung der Natur ist ein entscheidender Teil davon.
Hauptziel der Verordnung ist es, 20 Prozent der Land- und Meeresflächen zu “renaturieren”. Das bedeutet die Wiederherstellung von natürlichen Lebensräumen. Wälder sollen aufgeforstet, Moore sollen vernässt, Arten sollen geschützt werden. Auch die Anpassung an die Erderhitzung in Städten und Wäldern soll gesetzlich verankert werden. Die Initiatorin des österreichischen Klimavolksbegehrens Katharina Rogenhofer beschreibt die Verordnung gegenüber MOMENT.at “als zentral für die Umweltgesetzgebung. Es schützt nicht nur vor Extremwetterereignissen, sondern beugt auch vor Klimafolgen vor.”
Die Europäische Volkspartei setzt auf Fake News
Am Mittwoch, 12. Juli, wurde im EU-Parlament abgestimmt. Die stimmenstärkste Fraktion ist die Europäische Volkspartei (EVP), der auch die ÖVP angehört. Sie stellte sich dagegen. Das Gesetz entspreche nicht den Standards und gehöre überarbeitet. Die vorgebrachten Argumente erweisen sich jedoch als haltlos. Über 6000 Wissenschaftler:innen haben einen offenen Brief unterzeichnet, in dem auf fünf Seiten und mit Quellen belegt alle Einwände widerlegt werden.
Durch die Umsetzung würde es zu einer Lebensmittelknappheit kommen, beschwört die EVP. Ihr Argument: Eine Verringerung von landwirtschaftlichen Nutzflächen würde zu einer Abhängigkeit von Importen führen. Dabei sei laut Forscher:innen das Gegenteil der Fall. Die Klimakrise und die schwindende Biodiversität befeuern die Lebensmittelknappheit weit mehr als das geplante Vorhaben. Das landwirtschaftliche Mikroklima würde durch die Maßnahmen stabilisiert, Schädlingsbekämpfung und Bestäubung unterstützt werden. Rogenhofer bestätigt: “Das Gesetz ist die Grundlage für Nahrungsmittelsicherheit und eine Versicherung gegen Schädlinge.”
EU-Wahl als Grund für die Blockade
Auch der Schutz der Meere gilt bei den europäischen Konservativen als gefährlich. Dieser würde Fischereibetrieben erheblich schaden. Tatsächlich würden geschützte Meeresflächen zu mehr Brutplätzen führen.
Zudem sieht die EVP im Renaturierungsgesetz eine drohende Belastung für die Gesellschaft und den Verlust von Arbeitsplätzen. Die Umsetzung sei in Zeiten des Ukraine-Kriegs zu riskant. Allesamt Argumente, die unwissenschaftlich und falsch seien. Die Wissenschaftler:innen sind sich sicher: Im Falle einer Umsetzung würde das Gegenteil der besagten Einwände eintreten.
Kritiker:innen werfen der EVP eine bewusste Fake-News-Kampagne vor. “Die Falschinformationen sind absurd, ein wichtiges Gesetz wird diskreditiert. Zudem macht die EVP ihren eigenen Wähler:innen Angst vor Enteignung”, so die Initiatorin des Klimavolksbegehrens. Grund für den Widerstand der Europäischen Volkspartei konnten vor allem die 2024 anstehenden EU-Wahlen sein. Mit dem Gegenhalten könnte besonders bei der EVP-Kernwählerschaft gepunktet werden.
Quelle : moment.at