Eigentlich sollen für Produkte wie Kakao und Holz bald strengere Regeln zum Schutz von Wäldern gelten. Doch die Kritik daran war groß, das Vorhaben soll laut EU-Parlament nun geändert werden. Der CDU-Vorschlag erhielt eine Mehrheit – mit den Stimmen der AfD.
Eine Mehrheit des Europaparlaments hat sich für die Verschiebung eines neuen Gesetzes zum Schutz des Regenwalds ausgesprochen. Zudem fordern die Abgeordneten weitere Änderungen an dem Vorhaben, das eigentlich schon beschlossen war.
Das Parlament nahm Änderungsanträge des Mitte-rechts-Bündnisses EVP – dem auch CDU und CSU angehören – an, wonach zum Beispiel eine Kategorie von sogenannten Nicht-Risiko-Ländern eingeführt werden soll, teilte das Parlament mit. Für Produkte aus diesen Ländern würden den Angaben zufolge deutlich weniger strenge Regeln gelten. Umweltschützer sehen in den geforderten Änderungen ein großes Schlupfloch, das umweltschädliche Abholzung ermöglicht.
Mehrheit für CDU-Antrag dank AfD-Stimmen
Weil die anderen pro-europäischen Parlamentsfraktionen den Vorstoß ablehnen, waren die europäischen Christdemokraten bei der Abstimmung auf Stimmen vom rechten Rand angewiesen. Ohne die Stimmen von mehreren AfD-Abgeordneten wäre keine ausreichende Mehrheit für den Vorschlag der CDU-Politikerin Christine Schneider zu den Null-Risiko-Ländern zustande gekommen, wie aus dem offiziellen Abstimmungsergebnis des Europaparlaments hervorgeht.
Auch vier weitere von Schneider eingebrachte Änderungsanträge hätten ohne die AfD-Stimmen keine ausreichende Mehrheit bekommen. Schneider betonte auf Nachfrage der Nachrichtenagentur dpa, dass sie nicht mit Rechtsaußen-Fraktionen zusammenarbeite. “In der Vergangenheit hatten wir auch schon solche Situationen, in denen Rechtsaußen die Linken im Parlament unterstützt haben”, so Schneider.
Die Grünen-Abgeordnete Jutta Paulus sieht in dem Vorgehen ein Einreißen der sogenannten Brandmauer. Das Mitte-rechts-Bündnis EVP “baut aus den Trümmern Brücken zur Rechten”, so Paulus.
Waldschutz im Fokus
Nach dem Gesetz dürfen Produkte wie Kaffee, Holz, Soja, Kakao und Palmöl künftig nur noch dann in der EU verkauft werden, wenn dafür nach 2020 keine Wälder gerodet wurden. Damit soll auch die Abholzung des Regenwaldes etwa im südamerikanischen Amazonasgebiet deutlich reduziert werden. Konkret sollen Unternehmen künftig eine Sorgfaltserklärung abgeben, dass für ihr Produkt nach dem 31. Dezember 2020 kein Wald gerodet oder geschädigt wurde.
Wer sich nicht an die Vorschriften hält, muss mit hohen Strafen von mindestens vier Prozent des Jahresumsatzes in der EU rechnen. Wenn die geforderte Verschiebung der Verordnung kommt, würde sie am 30. Dezember 2025 für Großunternehmen und am 30. Juni 2026 für Kleinst- und Kleinunternehmen in Kraft treten, teilte die Behörde in Brüssel mit.
Neuverhandlungen unter Zeitdruck
Die ebenfalls an der Gesetzgebung beteiligten EU-Staaten hatten sich auch dafür ausgesprochen, das Vorhaben um ein Jahr zu verschieben. Deutschland ist ebenfalls dafür. Weitere Änderungen wollten sie aber nicht vornehmen, weswegen das eigentlich bereits beschlossene Gesetz nun noch mal verhandelt werden muss. Das könnte Folgen haben: Wenn es keine rechtzeitige Einigung gibt, könnte das Gesetz, wie ursprünglich geplant, ab 2025 gelten.
Das würde Unternehmen, die mit einer Verschiebung gerechnet hatten, vor große Probleme stellen. Wirtschaftsbranchen wie die Süßwarenindustrie und die Zeitungsverleger beklagten in den vergangenen Monaten, ihnen fehle die Zeit zur Vorbereitung. Der Grund: Die EU-Kommission veröffentlichte ergänzende Richtlinien für Unternehmen mit mehreren Monaten Verspätung. Außerdem ist eine Software noch nicht zugänglich, über die Firmen ihre Daten übermitteln sollen.
Bislang fehlt zudem eine Einstufung Deutschlands und anderer EU-Staaten als Länder mit einem niedrigen Risiko für den Waldbestand. Damit wären die Nachweispflichten für Unternehmen deutlich geringer. Aufgrund dieser Kritik aus der Wirtschaft hatte die EU-Kommission Anfang Oktober die Verschiebung des Gesetzes vorgeschlagen.
Technische Schwierigkeiten überschatten Abstimmung
Die Abstimmung wurde von technischen Schwierigkeiten überschattet. Mehrere Abgeordnete beklagten während der Sitzung, dass ihre Wahlmaschinen nicht richtig funktioniert hätten. Parlamentspräsidentin Roberta Metsola entschied sich aber, die Abstimmung nicht zu wiederholen.
Eine Anfrage, ob das Parlament mit Sicherheit ausschließen könne, dass einzelne Änderungsvorschläge nur wegen der technischen Schwierigkeiten eine Mehrheit bekommen haben, blieb zunächst unbeantwortet.