Die deutsche Staatsanwaltschaft hat erklärt, dem Hauptverdächtigen im Fall Madeleine McCanns Verschwinden müsse eine 15-jährige Gefängnisstrafe wegen Sexualverbrechen drohen, die nichts mit dem verschwundenen Mädchen zu tun hätten.
Der 47-jährige Christian Brückner steht seit Februar wegen dreifacher Vergewaltigung und zweifachen sexuellen Missbrauchs vor Gericht.
Die Vorwürfe reichen zurück bis in die Jahre 2000 bis 2017 und haben nichts mit dem Fall McCann zu tun, in dem Brückner jede Beteiligung bestreitet und gegen den nie Anklage erhoben wurde.
Am Mittwoch bezeichnete Oberstaatsanwältin Ute Lindemann Brückner als „gefährlichen, psychopathischen Sadisten“ und forderte, er solle nach Verbüßung seiner Haftstrafe in Sicherungsverwahrung genommen werden.
Es stellte sich heraus, dass einer der Vergewaltigungsvorwürfe verjährt war und daher in der Strafmaßforderung der Staatsanwaltschaft nicht berücksichtigt wurde.
Lindemann forderte allerdings eine Gesamtstrafe von 13 Jahren für die beiden verbleibenden Anklagepunkte der Vergewaltigung und von insgesamt zwei Jahren für die beiden Anklagepunkte des sexuellen Missbrauchs.
Sie sagte, es bestehe ein „hohes Maß an Sicherheit“, dass Brückner erneut straffällig werde.
Brückners Anwälte hatten zuvor erklärt, der Fall stehe auf „sehr wackeligen Beinen“.
Sie haben auch in Frage gestellt, ob ihr Mandant einen fairen Prozess bekommen kann, nachdem er von der Staatsanwaltschaft öffentlich mit dem Verschwinden von Madeleine in Verbindung gebracht wurde. Er wurde 2020 als Hauptverdächtiger im Fall McCann genannt.
Die dreijährige Madeleine McCann verschwand 2007 während eines Familienurlaubs in Praia da Luz, Algarve, Portugal.
Es handelte sich um einen der aufsehenerregendsten Vermisstenfälle, doch ihr Aufenthaltsort ist noch immer unbekannt.
Warnung: Einige Einzelheiten des Falles könnten Sie beunruhigen
Der Prozess gegen Brückner wird nicht vor einer Jury, sondern vor Richtern im niedersächsischen Braunschweig verhandelt, weil Brückner dort zuletzt offiziell gemeldet war.
Die Anklage bezieht sich auf fünf mutmaßlich getrennte Straftaten:
- Die Vergewaltigung einer 70- bis 80-jährigen Frau in ihrer Ferienwohnung in Portugal zwischen 2000 und 2006
- Die Vergewaltigung eines mindestens 14-jährigen Mädchens in einem Haus, in dem er zwischen 2000 und 2006 in Praia de Luz lebte
- Die Vergewaltigung einer Irin, in deren Ferienwohnung er 2004 von ihrem Balkon in Praia da Rocha eingebrochen sein soll. In allen drei Vergewaltigungsfällen wird Brückner vorgeworfen, das Opfer ausgepeitscht und die Übergriffe gefilmt zu haben.
- Sexueller Missbrauch eines 10-jährigen deutschen Mädchens an einem Strand in Salema im Jahr 2007
- Ein 11-jähriges Mädchen wurde gezwungen, während eines Festivals im Jahr 2017 auf einem Spielplatz in Bartolomeu de Messines einem Sexakt zuzuschauen.
Ein wichtiger Zeuge sagte vor Gericht aus, er habe Videos gesehen, in denen Brückner eine ältere Frau und ein junges Mädchen vergewaltigte.
Im Juli gelang es Brückners Verteidigern, einen Haftbefehl gegen ihn aufzuheben.
Dabei handelte es sich jedoch nur um eine Formsache, da er bereits eine siebenjährige Gefängnisstrafe wegen der Vergewaltigung einer 72-jährigen amerikanischen Touristin in Praia da Luz im Jahr 2005 verbüßt.
Die Staatsanwaltschaft kritisierte diesen Schritt, Brückners Rechtsanwalt Friedrich Fülscher sprach von einem klaren Zeichen für seinen Freispruch.
Dieser Prozess könnte darüber entscheiden, ob Brückner nach Ablauf seiner derzeitigen Haftstrafe hinter Gittern bleibt.
Wer ist Christian Brückner?
Brückner wurde im Dezember 1976 in Bayern, Deutschland, geboren.
Es wird berichtet, dass er während seiner Kindheit einige Zeit in einem Pflegeheim verbrachte.
Er wurde bereits wegen Drogendelikten, Diebstahls und Sexualdelikten gegen Kinder verurteilt.
Laut Staatsanwaltschaft lebte er zwischen 1995 und 2007 „mehr oder weniger dauerhaft“ an der Algarve.
Unmittelbar nach dem Verschwinden von Madeleine McCann wurde gegen ihn nicht näher ermittelt.
Dennoch wurde er im Juni 2020 von deutschen Ermittlern in einem Verfahren, das sie als Mordermittlungen einstuften, als Verdächtiger benannt.
Die portugiesischen Behörden ernannten ihn daraufhin 2022 zum formellen Verdächtigen bzw. Arguido.
Es wurde nie Anklage gegen ihn erhoben und sämtliche Einzelheiten der deutschen Ermittlungen wurden nie veröffentlicht.