Der deutsche Bundeskanzler scheint einer Demütigung nur knapp entgangen zu sein, nachdem Umfragen nahelegten, dass seine Partei die extreme Rechte in seinem Heimatbundesland in Schach gehalten habe.
Laut Umfragen der beiden wichtigsten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gewann die Mitte-links-Partei Sozialdemokratische Partei (SPD) von Olaf Scholz die Landtagswahlen am Sonntag in der Hochburg Brandenburg mit nur ein bis zwei Prozentpunkten Vorsprung.
Die Alternative für Deutschland (AfD) hatte eine Chance, in dem Land, das seit der deutschen Wiedervereinigung 1990 von der SPD regiert wird, den Sieg zu erringen.
Doch nach Abschluss der Abstimmung um 18:00 Uhr (16:00 GMT) lagen die Prognosen bei 31 bis 32 Prozent für die SPD und 29 bis 30 Prozent für die AfD.
Die Wahl am Stadtrand von Berlin wurde aufmerksam beobachtet, nachdem die AfD am 1. September im ostdeutschen Bundesland Thüringen als erste rechtsextreme Partei seit dem Zweiten Weltkrieg eine Landtagswahl in Deutschland gewonnen hatte.
Auch in Sachsen erreichte die Partei am selben Tag knapp den zweiten Platz.
Ein Sieg der AfD bei der Wahl am Sonntag hätte Scholz‘ Hoffnungen auf eine zweite Amtszeit bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr einen schweren Schlag versetzt.
Zudem wäre es peinlich gewesen, lebt er doch in der Landeshauptstadt Potsdam.
Scholz sieht sich mit sinkenden Meinungsumfragen und internen Machtkämpfen in seiner angeschlagenen Koalitionsregierung konfrontiert.
Doch rund zwei Millionen Wähler in Brandenburg dürften ihm einen seltenen politischen Rettungsanker geboten haben.
Rechtsextremismus auf dem Vormarsch
Dietmar Woidke, der beliebte SPD-Ministerpräsident des Landes, hat einen Wahlkampf mit Scholz weitgehend vermieden und steht dem Verhalten und der Politik seiner Regierungskoalition kritisch gegenüber.
Scholz forderte unterdessen Anfang des Monats andere Parteien dazu auf, die „rechtsextremistische“ AfD durch die Aufrechterhaltung einer sogenannten Firewall von der Regierungsbildung abzuhalten.
Die Ergebnisse in Thüringen und Sachsen bezeichnete er als „bitter“ und „besorgniserregend“.
„Die AfD schadet Deutschland. Sie schwächt die Wirtschaft, spaltet die Gesellschaft und ruiniert das Ansehen unseres Landes“, sagte er in einer früheren Erklärung gegenüber Reuters.
Die AfD, die in einigen Bundesländern offiziell als „extremistisch“ eingestuft wird, wird wahrscheinlich in keine Landesregierung eintreten, weil alle anderen Parteien eine Zusammenarbeit mit ihr abgelehnt haben.
Gestärkt durch die Unterstützung der Jugend schlägt die Partei weiterhin Kapital aus den Sorgen über eine Konjunkturabschwächung, Einwanderung und den Ukraine-Krieg – Sorgen, die in der ehemaligen kommunistischen DDR große Resonanz finden.
Ihr Sieg mit fast einem Drittel der Stimmen in Thüringen schockierte das politische Establishment. Sie lag neun Prozentpunkte vor der konservativen CDU und weit vor den drei deutschen Regierungsparteien.
In den bundesweiten Meinungsumfragen liegt die AfD nur noch ein Jahr vor der Bundestagswahl auf Platz zwei.
Co-Vorsitzende Alice Weidel behauptete: „Ohne uns ist eine stabile Regierung überhaupt nicht mehr möglich.“