Die Europäische Union erwägt Optionen, um Donald Trump bei seiner Rückkehr ins Weiße Haus zu beschwichtigen. Sie bereitet sich derzeit auf eine Wiederaufnahme der US-Zölle und anderer Handelsdrohungen sowie auf harte Verhandlungen über den Umgang mit China vor.
Trump warnte kurz vor seinem Sieg bei den US-Präsidentschaftswahlen, dass der Block der 27 Nationen „einen hohen Preis zahlen“ werde, wenn er nicht genügend amerikanische Exporte kaufe.
Brüssel erkenne an, dass die Drohung mit Zöllen von zehn Prozent auf alle US-Importe und 60 Prozent auf Importe aus China glaubwürdig und nicht nur Wahlkampfrhetorik sei, sagen EU-Vertreter.
Die Europäische Kommission hat bereits begonnen, die Auswirkungen auf die gesamte Union und auf die Länder zu modellieren, die am härtesten betroffen sein dürften. Dazu könnten der große Autobauer Deutschland und Italien gehören, der zweitgrößte EU-Exporteur in die USA.
Einige Regierungen äußerten im Vorfeld der Wahl zwar ihre Besorgnis, blieben in der Öffentlichkeit jedoch zurückhaltend, sagen EU-Diplomaten.
Zusätzlich zu dem direkten Schlag, den die schleppende EU-Wirtschaft durch die Zölle auf chinesische Produkte erleiden wird, könnte die EU noch einen zweiten Schlag erleiden, da chinesische Hersteller, die faktisch mit größeren Handelsbarrieren gegenüber den USA konfrontiert sind, möglicherweise mehr Exporte nach Europa lenken werden.
Als Reaktion auf Trumps Zölle auf EU-Stahl im Jahr 2018 ergriff die EU Schutzmaßnahmen, um zollfreie Stahlimporte auf ihre Märkte zu begrenzen. Diese Maßnahmen laufen jedoch im Juni 2026 aus, eine Verlängerung ist nach den Regeln der EU oder der WTO nicht möglich.
Die EU wird versuchen, vor der Amtseinführung Trumps Kontakt mit dieser Regierung aufzunehmen und denkt bereits über künftige Bereiche der Zusammenarbeit nach, in denen die Zolldrohung gemildert oder sogar ganz beseitigt werden könnte.
Ein möglicher Bereich ist Flüssigerdgas (LNG), das die EU verstärkt aus den USA importieren könnte, um das Handelsdefizit abzubauen, das Trump große Sorgen bereitet.
Geschäfte mit Trump machen
Im Jahr 2018 einigten sich Trump und der damalige EU-Exekutivchef Jean-Claude Juncker auf ein Abkommen, das den Wunsch der EU beinhaltete, mehr amerikanisches Flüssiggas zu importieren. Dies half dabei, neue Zölle auf EU-Waren außer Stahl und Aluminium abzuwehren. Brüssel hofft, dass Trump sich als Präsident erweist, mit dem man wieder Geschäfte machen kann.
Investitionen in der EU zur Diversifizierung der Energieversorgung – insbesondere nach der Invasion Russlands in der Ukraine – könnten nach Ansicht von EU-Vertretern zu erhöhten LNG-Lieferungen aus den USA führen.
Einige EU-Diplomaten meinen, dass China, gegenüber dem die USA ihre Politik wahrscheinlich verschärfen werden, ein weiterer Bereich der Zusammenarbeit sein könnte. Allerdings wird die Tatsache, dass die EU an den globalen Handelsregeln festhalten und zwar „Risiken verringern“, sich aber nicht von China abkoppeln will, die Gespräche erschweren.
Eine Präsidentschaft Trumps hätte noch weitere gravierende Auswirkungen auf Europa. Denn das Land steht vor der langfristigen Herausforderung, wie sich bei moderatem Wirtschaftswachstum die Sozialausgaben für eine alternde Bevölkerung finanzieren lassen.
Sollte Trump seine Unterstützung für das NATO-Militärbündnis und den Ukraine-Krieg reduzieren, müssten die europäischen Regierungen die erhöhten Verteidigungsausgaben aus den Haushalten finanzieren, die bereits durch eine Staatsverschuldung von fast 90 Prozent der Wirtschaftsleistung überbelastet sind.
Sollten Trumps Vorschläge umgesetzt werden, werden sie das Wachstum in Europa belasten und vermutlich auch die Inflation senken. Dies gilt insbesondere, wenn die produzierenden Unternehmen, die bereits unter einer langen Rezession leiden, beginnen, ihre Belegschaften abzubauen.
Auch erhöhte Importe aus China könnten die Preise schwächen, während verstärkte Ölbohrungen und Kohleproduktion in den USA den deflationären Druck erhöhen könnten.
Trumps inflationäre Zölle und sein höheres Haushaltsdefizit dürften den US-Dollar stärken, sodass die USA möglicherweise einen Teil ihrer eigenen Inflation exportieren. Dies dürfte jedoch nicht ausreichen, um die anderen Faktoren auszugleichen, die die Preise belasten.
Dies könnte die Europäische Zentralbank dazu zwingen, den Leitzins im nächsten Jahr unter 2% zu senken, was nach mehreren Jahren restriktiver Politik erneut zu einem Wachstumsschub führen würde.