Frankfurt (22/09 – 77.78)
Drei Kinder unterschiedlichen Alters stehen in einer kargen Berg-Region, im Hintergrund ist neben wenigen kleinen grünen Pflanzen auch ein dünner Flusslauf zu erkennen.
Seit Mai 2022 gehen die tadschikischen Behörden gegen pamirische Aktivist*innen und Journalist*innen mit willkürlichen Festnahmen und Folter vor. Deutsche Behörden müssen die Dimension der Menschenrechtsverletzungen anerkennen und dürfen Pamiri nicht nach Tadschikistan abschieben. Das ausführliche Statement auf Englisch ist hier zu finden.
Die internationale Gemeinschaft muss die Menschenrechtsverletzungen an Angehörigen der Minderheit der Pamiri in der Autonomen Region Gorno-Badachschan (GBAO) in Tadschikistan anprangern, so Amnesty International. Seit Mai 2022 gehen die tadschikischen Behörden verstärkt gegen die Zivilgesellschaft in GBAO vor. Friedliche Proteste werden gewaltsam aufgelöst. Hunderte Pamiri wurden willkürlich festgenommen und über 200 Personen nach Verurteilungen in unfairen Gerichtsverfahren inhaftiert. Die Betroffenen sind häufig lokale Führungspersönlichkeiten, zivilgesellschaftliche Aktivist*innen, Journalist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen oder Religionsvertreter*innen.
Berichten zufolge haben mehrere Hundert Pamiri in Deutschland Asylanträge gestellt. Janine Uhlmannsiek, Expertin für Europa und Zentralasien bei Amnesty International in Deutschland, sagt: “Pamiri aus Tadschikistan, die im Ausland Schutz suchen, dürfen nicht nach Tadschikistan zurückgeführt oder in Drittländer wie Russland überstellt werden, wo sie Gefahr laufen, in ihr Herkunftsland abgeschoben zu werden. In Tadschikistan sind sie der Gefahr von willkürlicher Festnahme, Folter und unfairen Gerichtsverfahren ausgesetzt.”
Expert*innen von Amnesty International haben mit einer Reihe von Personen gesprochen, die im Zusammenhang mit dem harten behördlichen Vorgehen im Mai 2022 von Angehörigen der Sicherheitsbehörden kurzzeitig festgenommen und verhört wurden. Die meisten dieser Personen haben seit Mai 2022 das Land verlassen. Viele gaben an, während ihrer Verhöre gefoltert und anderweitig misshandelt worden zu sein, darunter auch Schläge mit Fäusten, Schlagstöcken und Metallgeräten sowie durch Elektroschocks und Schlafentzug.
Janine Uhlmannsiek sagt: “Die tadschikischen Behörden müssen alle pamirischen Aktivist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen unverzüglich und bedingungslos freilassen, die allein wegen der Wahrnehmung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung festgenommen wurden. Die Behörden müssen aufhören, den Pamiri das Recht zu verweigern, ihre eigene Kultur zu leben, ihre Religion zu praktizieren und ihre eigene Sprache zu sprechen. Alle Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen in Haft müssen wirksam untersucht, die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen und die Betroffenen entschädigt werden.”
Hintergrund
GBAO ist eine Hochgebirgsregion im Osten Tadschikistans und hatte 2018 offiziell 236.000 Einwohner*innen. Die meisten Einwohner*innen sind ethnische Pamiri und gehören dem ismailitischen Zweig des schiitischen Islam an. Obwohl sie eine ethnische, sprachliche und religiöse Minderheit bilden, erkennt der Staat sie nicht als solche an. Stattdessen unterdrücken die tadschikischen Behörden zunehmend den Gebrauch ihrer Sprache und den Ausdruck ihrer Identität in staatlichen Einrichtungen, Schulen, Medien, künstlerischen Darbietungen und öffentlichen Räumen.
Quelle: Amnesty International